Heute vor einem Jahr ist Diego Armando Maradona gestorben. Heute vor einem Monat sind der toolmaker und ich nach Neapel gefahren. Und in Neapel müsste man sich schon ziemlich anstrengen, um eine Begegnung mit dem Fußballgott zu vermeiden. Nicht, dass wir das gewollt hätten. Denn wenn wir das gewollt hätten, dann hätten wir wohl kaum ins Stadion gehen dürfen – das inzwischen nach ihm benannt ist.
Von Maradonas Bedeutung für Neapel habe ich zu wenig Ahnung, um irgendetwas Profundes beizutragen. Deutlich erkennbar ist sie aber, da muss man nur mit offenen Augen durch diese ganz wunderbare Stadt gehen. Ich habe mir das immer so zusammengereimt: Italien, der Norden relativ wohlhabend, der Süden arm, Abwanderung, Gefühle der Minderwertigkeit, verletzter Stolz, und dann kommt Maradona an und schenkt den Neapolitaner:innen ihre erste italienische Meisterschaft, den ersten Scudetto überhaupt für eine Mannschaft aus dem Süden (plus den Pokal plus noch eine Meisterschaft plus den UEFA-Pokal), und bei der großen Bedeutung, die dem Fußballsport in Bella Italia beigemessen wird, kann man sich durchaus vorstellen, dass die Verehrung für Maradona in Neapel ein ‚vernünftiges‘ Maß übersteigt – was wahrscheinlich noch viel zu vorsichtig formuliert ist. (Und man kann sich ebenso gut vorstellen, dass diese Verehrung eine Menge blinder Flecken hinsichtlich seines kriminellen Gebarens, seiner Übergriffigkeiten, seiner Verstrickungen, seiner Exzesse hinterlassen hat.)
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