Spezia Calcio – Sassuolo Calcio 2:2
Stadio Alberto Picco, La Spezia (Italien), 27. August 2022
Publikum: 6500

Viel Ahnung vom internationalen Fußball und somit auch vom Europäischen habe ich ja nicht gerade. Dennoch war und ist es seit Jahren mein Bestreben, den Jahresurlaub mit der Familie, der traditionell für Ende August/Anfang September gebucht wird, mit einem Stadionbesuch im jeweiligen Urlaubsland zu verknüpfen. Wirklich gelungen ist mir das allerdings quasi nie. Die Gründe dafür waren verschieden. Ziemlich oft verhindert hat das auf jeden Fall schon die Noch-Sommer- oder eine Länderspielpause. Auch die meist sehr weite Entfernung zum möglichen Spielort war gelegentlich schon Hindernis für einen weiteren Länderpunkt. Immerhin habe ich schon einen, Malta 2004!

Diesmal sollte alles anders kommen. Und, um es gleich mal vorweg zu nehmen, es klappte gleich zwei Mal!

Erfreulicherweise hatten auch die Ligen in Italien wegen der bevorstehenden Winter-WM in Katar (die ich ohne Zweifel auch Scheiße finde), bereits ihren Spielbetrieb aufgenommen. Das war uns, meinem Sohn und mir, brühwarm eingefallen, als wir uns bereits auf dem Weg Richtung Urlaubsdomizil Ameglia bei La Spezia befanden. Sogleich wurde mittels Smartphone gecheckt, in welcher Liga La Spezia denn gerade zugange sei. „Serie A, heute Abend 20:45 Heimspiel!“ – so die Info, die ich vom Beifahrer bekam. In dem Moment hat es bei mir sofort geklingelt. Da muss ich hin!

Entgegen sonstiger Gewohnheit, nach Ankunft am Urlaubsort erstmal nur auszupacken und auszuruhen, ging es an diesem Abend die knapp 18 km nach La Spezia. Ich wurde von der ganzen Familie begleitet. Die Fahrt zum Stadion war dank Navigation kein sonderliches Problem, das Verkehrschaos kurz vorm Ziel allerdings schon. Endlich am Stadion angekommen gings direkt zum Kassenhäuschen. Der nette junge Mann an der Kasse, letztlich besser englischsprechend als sein „a little bit“ zu Beginn unseres Gespräches vermuten lies und mich so an meine Englischkenntnisgrenze bringend, war sichtlich bemüht uns zu helfen. Allerdings hieß es dann erstmal „Dazulernen“. Erstens: Ich hätte gerne Stehplätze gehabt. Die gab es aber nicht. Ist wohl in allen Stadien so. Zweitens: Die Tickets sind alle personalisiert. Ohne Ausweis kein Zutritt zum Stadion. Dummerweise hatten wir die Ausweise aller, außer meinen, in unserer Residenz gelassen. Scheiße! Die Aktion drohte zu scheitern, wären da nicht die Krankenkassenkärtchen der Kids im Handschuhfach des Autos gelegen. Ich hatte gewisse Zweifel, aber wir versuchten es einfach mal damit. Den Herren an der Kasse war das ziemlich egal, dass es sich dabei nicht um ein Ausweisdokument handelte. Name ist drauf und Geburtsdatum auch. Also Tickets gekauft. Allesamt Sitzplätze, vier Stück an der Zahl, meines für knapp 15 €, das für den Jüngsten für 5,- €. Absolut faire Preise. Bevor wir dann letztendlich das Stadion betreten durften, stand uns jedoch noch die Einlasskontrolle bevor. Ich hatte ein bisschen Bedenken, ob der Kontrolleur am Tor sich auch mit den „Ausweisdokumenten“ zufriedengeben wird, oder ob er uns den Zutritt zum Stadion verwehrt. Wir waren alle sehr aufgeregt. Es gab drei nebeneinander liegende Eingänge, mit jeweils einer Kontrolle. Wir entschieden uns für den Rechten. Vermutlich zu unserem Glück. Unser Ticketkontrolleur, und das war offensichtlich, war rappelvoll. Ich glaube nicht, dass er es zu dem Zeitpunkt überreißen konnte, was er da von uns zur Identifikation vorgehalten bekam, bzw. dass er da noch irgendwas entziffern konnte. Infolge dessen winkte er uns nach kurzem schwankendem Blick auf die Karten einfach durch. Zu unserer Riesenfreude waren wir drin, …im Stadio Alberto Picco! Übrigens benannt nach dem ersten Kapitän und ersten Torschützen des Spezia FCs, der nur wenige Jahre später als 20jähriger im ersten Weltkrieg gefallen war.

Durch unsere leichte Verspätung hatten wir den Anpfiff leider verpasst. Das Spiel war schon in vollem Gange. Etwas desorientiert versuchten wir auf der uns zugewiesenen Tribüne „Curva Piscina“ unsere Plätze ausfindig zu machen. Es waren noch jede Menge Plätze frei. Dabei versperrten wir aber den bereits Anwesenden Leuten teilweise die Sicht aufs Spielfeld. Weshalb sie uns lautstark und mit den Händen gestikulierend zu verstehen gaben, uns doch auf irgendwelche freien Plätze in den oberen Reihen zu setzen. Kein Fehler, wie sich herausstellen sollte. Freie Sicht auf das komplette Spielfeld und ein genialer Blick auf den direkt benachbarten Militärhafen. Es schien alles perfekt. Tolles Stadion in einem klasse Umfeld, mit zumindest einer „echten“ Kurve, Top Wetter, kurze Hosen, T-Shirt und Flutlicht. Tifosi im Block vor denen man sich nicht zu fürchten brauchte. Es war alles angerichtet für einen entspannten Fußballabend. 3. Spieltag, Serie A 22/23, Spezia Calcio vs. Sassuola Calcio. Geil!

      

So 6500 Leute im Stadion, das bei weitem nicht ausverkauft war, sahen eine unterhaltsame Partie. Die „Curva Ferrovia“ (zu Deutsch „Eisenbahnkurve“) der Heimfans war indes sehr gut gefüllt. Gäste gab es auch, geschätzt vielleicht 200. Das Spiel an sich hatte einiges zu bieten, letztendlich aber keinen Sieger verdient. La Spezia geriet erstmal in Rückstand, konnte drei Minuten später aber ausgleichen. Ging dann in der Nachspielzeit der ersten Hälfte durch einen verwandelten Foulelfmeter sogar in Führung, um dann in der zweiten Hälfte durch ein klassisches Slapstick-Tor, bei dem sich Verteidiger und Torwart nicht einigen konnten nach dem Motto „Nimm du ihn, ich hab ihn sicher“, wieder zwei Punkte zu verschenken. Alles Aufbäumen brachte dann nix mehr. In der 81. Minute schließlich auch noch Gelb-Rot für einen Spieler von La Spezia, dann war die Luft raus.

La Spezia war enttäuscht, wir zufrieden. Zumindest mit dem Verlauf unseres ersten Urlaubstages in Bella Italia. Ein neuer Ground, mein zweiter Länderpunkt! Und, ich hatte es ja eingangs schon angedeutet, es sollte nur Tage später noch ein weiterer Ground folgen. Davon aber mehr im nächsten Bericht.

 

 

Kurze Hosen, T-Shirt und Flutlicht…
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