Karlsruher SC – FC St. Pauli 4:4
Wildpark Karlsruhe, 12. November 2022
Publikum: 21.487

Mal wieder nen kleinen Abstecher zum Karlsruher SC. 2015 war ich das letzte Mal da gewesen im alten Wildpark (Und nicht nur ich).

Diesmal so ganz ohne große Erwartungen an unseren magischen FC, so war zumindest der Plan. Ohne große Erwartungen, aber dennoch mit der Hoffnung auf einen Auswärtssieg beim zuletzt ebenfalls glücklosen KSC und somit auf einen versöhnlichen Abschluss der absolut verkorksten Hinrunde dieser Saison (den Derbysieg mal außer Acht gelassen). Mit genau dieser Einstellung machten wir uns mit dem Auto auf den Weg nach Karlsruhe. Mit dem Auto aus Bequemlichkeit, und weil der Konsum von (viel) Alkohol bei einer Auswärtsfahrt in unserem Alter nicht mehr oberste Priorität hat – und außerdem eine Bahnreise für uns Landeier auch nicht immer so ganz leicht zu organisieren ist. 2,5 Stunden dauerte die Anfahrt ungefähr. Wir entschieden uns, den Park & Ride-Parkplatz am Durlacher Bahnhof anzusteuern, um dann mit der S-Bahn die Reise zum Stadion fortzusetzen. Wir sind schließlich Schwaben, wenn auch bayerische, aber wir wollten uns die 10,- € für den Gästeparkplatz sparen. Die Eintrittskarte für das Stadion berechtigte zur Nutzung der Öffentlichen.

Da die Karlsruher Ultra-Szene „Wild Boys“ nun nicht gerade bekannt ist für den Austausch von Freundlichkeiten beim Empfang von Gästefans, und wir für Auswärtsfans untypisch nicht vom Hauptbahnhof aus, sondern eben aus Durlach zum Stadion fuhren, wo viele Heimfans unterwegs waren, verbargen wir unsere Farben unter den neutralen Jacken um möglichst Ärger zu vermeiden. So ganz gelungen war mir das allerdings wohl nicht. Mein Schal spitzte im Nacken etwas aus der Jacke hervor und so kam es, dass wir kurz vorm Stadion in der Nähe des Eingangs zum Heimblock von hinten mit ernster Stimme aufgefordert wurden: „Geht außen rum, sonst gibt’s auf’s Maul!“ So ganz konnte ich dem erstmal nicht folgen und drehte mich um. Da kam ein weiterer Hinweis, wir sollen gefälligst die Straßenseite wechseln mit dem nochmaligen Satz und mehr Nachdruck: „Geht da rüber, sonst gibt’s auf´s Maul! Ich garantier!“ So zumindest habe ich das in Erinnerung. Obwohl ich das da noch als Hinweis aufgefasst hatte, bin ich mir heute beim Schreiben dieser Zeilen sicher, dass dies kein Hinweis war, sondern schon eine konkrete Drohung. Der unsympathische Typ hinter uns sorgte sich bestimmt nicht um unsere Gesundheit, wir hätten vermutlich sogar von ihm höchstpersönlich auf’s Maul bekommen. Er verschwand zum Glück wieder im Getümmel und ward nicht mehr gesehen. Wir wechselten die Straßenseite und liefen weiter durch den sicheren Polizeispalier zum Gästeeingang. Im Prinzip hätte das schon sehr unangenehm enden können, es hatte aber keine unangenehmen Folgen für uns. Traurig ist es allemal!

Im Gästeblock im gerade neu entstehenden, fast fertiggestellten Wildpark angekommen, gönnten wir uns erstmal ein Bier. Noch gut 20 Minuten bis zum Anpfiff. Als die Mannschaften schließlich das Spielfeld betraten, folgte der nächste „Auftritt“ der heimischen Ultras. Auf eine 20-jährige Geschichte scheinen diese zurückzublicken. Zumindest ließ das große Banner dies vermuten. Das Motto der letzten zwanzig Jahre war dann auch klar, weil in großen Lettern eindeutig zu lesen. „Raufen, Saufen, Händel suchen.“ Noch Fragen? Was folgte war ein Feuerwerkspektakel. Unzählige Rauchtöpfe in Blau und Weiß hüllten das komplette Stadion in weißen Dunst, welcher sich minutenlang nicht verzog. Das Spiel begann mit 15 Minuten Verspätung.

Auf dem Spielfeld kam es derweil zu einem weiteren Spektakel. Unser FC begann forsch und überlegen, drängte den KSC in der ersten zehn Minuten in die eigene Hälfte und kam bereits zu sehr guten Abschlussmöglichkeiten. Nach 15 Minuten führte der KSC 2:0! Wir konnten das nicht begreifen und ich gebe es zu, ich wäre da am liebsten nach Hause gegangen. Bitter, der Stachel saß wieder mal extrem tief. Das Bier war noch nicht alle, also bin ich erstmal geblieben. Nur acht Minuten später dann ein Treffer für St. Pauli. Der Assistent an der Seite hob allerdings die Fahne. Es folgte ein minutenlanges Gezeter, verursacht durch den VAR. Der Schiedsrichter schaute es sich schließlich nach fünf Minuten selber an und entschied auf Tor. Sehr zu unserer Freude. Torjubel schaut allerdings anders aus. Nur sechs Minuten später ein weiterer Nackenschlag. Karlsruhe erhöhte auf 3:1. Das Bier war mittlerweile leer. Ich bin aber trotzdem geblieben. So durfte ich miterleben, wie die Kiezkicker weiterhin mutig nach vorne spielten, sich gute Möglichkeiten erarbeiteten und somit zu zwei weiteren Treffern kamen. Der Ausgleich sogar nach einem Standard. Ein Spiel ohne Abwehrreihen, so schien es, und ein Wechselbad der Gefühle.

Durchgang zwei. St. Pauli die bessere Mannschaft. Dennoch geht der KSC nach fünf Minuten wieder in Führung. Herrschaftszeiten! Obwohl wir ja eigentlich ganz ohne Erwartungen angereist waren, machte sich Frust breit. Dominierendes Team, trotzdem wieder im Rückstand. Und gerade weil der FCSP die Partie beherrschte, wollten wir nun auch einen Sieg. Diesem kamen wir dann in der 61. Minute durch einen schön herausgespielten Treffer wieder etwas näher. Es sollte sich aber trotz weiterer guter Möglichkeiten nichts mehr ergeben. Zum Glück auch nicht bei Karlsruhe. So blieb es beim mit Sicherheit verdienten Remis. Ein Sieg wäre aber trotz des kuriosen Spielverlaufs meiner Meinung nach möglich gewesen und dann definitiv auch verdient.

Es hat halt wieder mal nicht sollen sein. Der Auftritt macht aber weiter Hoffnung für die Rückrunde, welche ja erst in zweieinhalb Monaten startet. Nach Abschluss des 17. Spieltages steht der FCSP wenigstens auf einem Nichtabstiegsplatz, was für mich einen psychologisch positiven Aspekt hat. Trotz der vier erzielten Tore beim KSC, zwei davon sogar durch einen Stürmer, sollte klar sein, dass St. Pauli sich in der Winterpause verstärken muss. Wenn das klappt, blicke ich der Rückrunde durchaus positiv entgegen und glaube an den Klassenerhalt. Denn man hat es gesehen, das Team hat durchaus seine Qualitäten und hat dies auch bei starken Gegnern schon unter Beweis gestellt.

Glaube, Liebe, Hoffnung… Forza FCSP!

 

 

Wilder Ritt im neuen Wildpark
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2 Gedanken zu „Wilder Ritt im neuen Wildpark

  • Das (neue) Stadion hat mir gefallen – auch wenn ich auf alte Grounds stehe – der alte Wildpark war zum Fussi-Gucken ungeeignet.
    Ich hatte wie du auf ein Auswärtssieg gehofft und trotz der „Mentalität“ unseres Teams, was die Rückstände wieder aufgeholt hat, bin ich mit dem einem Punkt nicht zufrieden.
    Der KSC war so schwach (zumindest in der Abwehr), dass wir dort eigentlich gewinnen MUSSTEN.
    Wenn Eggestein nicht gedeckt wird, kann er sogar 2. Liga ;-)
    Absteigen werden wir sicher nicht, aber viele unserer Kicker sind halt nur (bestenfalls) 2.-Liga-Durchschnitt. Sellbst Paqarada „arbeitet“ sehr stark daran, dass kein 1.-Bundesligist an ihm Interesse entwickeln wird.
    In den letzten 34 Spielen haben wir 38 Punkte geholt und ein Torverhältnis von 47-51

    Wir sehen uns dann beim Spiel in Nürnberg am 29.01.2023
    Forza St.Pauli – und die Hoffnung bleibt

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