Aus der Serie: der Titan berichtet… heute aus Fernost!

 

Chiang Mai FC vs Lampang FC 1:1
Samstag 8.9.2561

Auf unserer Welttour waren wir eine Woche in Chiang Mai, der „Blume des Nordens“ von Thailand. Natürlich wollten wir uns das Spiel des ansässigen Zweitligisten FC gegen den Nachbarn aus Lampang  (ca. 80 km entfernt) nicht entgehen lassen. So fuhren wir mit einem Mietroller an einem Samstag Abend zum Stadion „des 700. Geburtstages“, das etwa 15 Min. Fahrzeit vom Zentrum entfernt liegt. Die hellbeleuchtete Stadionumgebung und die zahlreichen Fahrzeuge kündigten einen großen Besucherandrang an. Dem war aber nicht so. In dem fast 25000 Zuschauer fassenden Stadion verloren sich geschätzte 4000 Fans, und die auch noch schön verteilt in den Blöcken des weitläufigen Rundes.

        

Interessanterweise gab es auf Seiten der Einheimischem vier verschiedene Gruppierungen mit je eigener Zaunfahne, Trommeln und Trikots. Dazu ein schwarzer Ultrablock aus Lampang und andere ganz in grün gekleidete Gästefans.

            

Der Eintritt ist mit 100 Bath (2,60) erschwinglich und vor dem Stadion werden Getränke und leckere thailändische Snacks angeboten. Beides erhält man in Plastikbehältnissen und in Plastik tüten und – aufgemerkt – nimmt es mit ins Stadion! Drinnen gibt es keine Verkaufsstände. Und weil jedes einzelne Teil in Plastik eingewickelt und in einer Tüte gereicht wird, kann man sich den den riesigen Plastikabfall vorstellen! Etliche Zuschauer nahmen ihre Plastiktütchen brav mit aus dem Stadion. Irgendwo landet der dann ja auch. Bier wird übrigens mit viel Eis und Strohhalm (aus Plastik) getrunken.

    

Zum Spiel ließe sich jetzt ein Spielbericht schreiben, ich belasse es bei ein paar Anmerkungen meiner Eindrücke. Das Niveau ist natürlich nicht vergleichbar mit unseren Standart und wirkt eher bescheiden. Hie und da ein paar gelungene Kombinationen, denen dann der letzte genau Pass oder Abschluss fehlt. Einige technisch versierte Spieler, denen ein taktisches Verständnis anzumerken ist, wie die Nr. 88 von Lampang, der uns wegen seiner Haare an Sané erinnerte, hoben sich deutlich ab. Ebenso die Nr. 37 bei Chiang Mai, dem mit einem schönen halbhohen Volleyschuss der Ausgleich zum 1:1 gelang zwei Minuten nach der bis dato überraschenden Führung der Gäste durch einen präzisen Flachschuss. Die Zuschauer gingen von Anfang an enthusiastisch mit und zeigten ihre Emotionen. Lustig war auch, als ein Flutlichtmast ausfiel, zückten die Fans aus Lampang ihre Handys und leuchteten in ihrem Block herum, was die Heimfans etwas erzürnte. Dafür feuerten diese mit Come on Rufen den Flutlichtmast an, als der nach gut 15 Minuten Blackout die ersten Zuckungen machte. Die Unterbrechung wurde natürlich noch vor der Pause nachgespielt. In der Halbzeit stürmten dann viele nach draußen , um sich mit – genau: in Plastiktütchen gewickelten Getränken und Essbarem zu versorgen. Auch die Raucher mussten den Innenraum verlassen. Man stelle sich dies mal bei St. Pauli vor!

Danach kam erst mal der Regen, dann der Anpfiff zur zweiten Halbzeit und dann auch langsam die Fans zurück auf ihren Stehplätzen und zu ihren Trommeln. Das Spiel verwässerte immer mehr. Chiang Mai hatte noch einige gute Möglichkeiten und die Gäste verlegten sich aufs Zeitschinden. Jetzt kamen die Sanitäter zum Einsatz. Gefühlt 10 mal mussten sie anrücken, um den am Boden liegen bleibenden Spieler angeblich zu behandeln oder gar mit der Trage vom Platz zu befördern.

Höhepunkt war dann auch ein Zusammenstoß dreier Spieler mit anschließendem Getrete am Boden, worauf der Unparteiische zwei vom Platz stellte. Natürliche waren auch hier erstmal die fleißigen Erstversorger von der Bank zur Stelle. So verann die Zeit, die Kräfte schwanden dahin, der hochgehandelte Brasilianer Lenny (400.000 bei Transfermarkt.de) zog sich immer weiter aus dem Sturmzentrum nach hinten zurück, die Gästefans wurden lauter und der Schiri hatte nach 7 Minuten Nachspielzeit ein Einsehen mit den Akteuren. Mit den Unterbrechungen endete dieses Lokalderby nach über 110 Minuten Unentschieden. Wer jetzt das Stadion verließ verpasste eine eindrucksvolle Zeremonie zum Abschluss: Beide Mannschaften gingen in verschiedenen Richtungen das weite Rund ab zu den Fans und bedankten sich bei den gegnerischen Fans oder ließen sich still verharrend von den jeweils eigenen Fans besingen.

        

So wirklich hat sich kein Spieler für die zweite Liga in Deutschland beworben, was aber die Verabschiedungsgesten nach dem Spiel zwischen den Mannschaften und den verschiedenen Fangruppierungen betrifft, wäre dies ein nachahmungswürdiges Beispiel.

P.S. Polizei wurde nirgends gesichtet und die Gäste konnten unbehelligt ihre Heimreise antreten. Es war ja inzwischen auch 22:30.

 

Von ganz viel Plastik, Sanitätereinsätzen und bemerkenswerten Gesten
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