Oi_klein

Leipzig – FC St. Pauli 0:1
Zentralstadion Leipzig, 23. August 2015
Zuschauer: 41.795

Jetzt also Leipzig. Nicht ganz unkompliziert.

Die Argumente sind ausgetauscht, „traditionelle“ Fußballfans stehen den –ja, wem denn eigentlich?– gegenüber. Denjenigen, denen nur um das Spiel, um das Fußballerische, um die 95 Minuten selbst geht? Denjenigen, die finden, dass eine Stadt wie Leipzig einen großen (bzw. erfolgreichen, hoch- oder höchstklassigen) Fußballverein „verdient“ hat? Denjenigen, die die Frage, ob es sich beim Konstrukt RB Leipzig überhaupt um einen Verein handelt, als nachrangig empfinden?

Und wer sind die Traditionalisten? Fans von Vereinen mit einer großen (oder zumindest langen) Geschichte? Menschen, die eine Art moralische Überlegenheit daraus ziehen, dass sie auch in schlechten Zeiten immer zu ihrem Klub gestanden sind? Fans, denen es nicht alleine um das Geschehen auf dem Rasen, nicht in erster Linie um die Mannschaft, sondern um den Verein geht? Romantiker, die es schön fänden, wenn sich in diesem Leben nicht alles nur noch ums Geld drehen würde?

Man fährt nicht einfach so nach Leipzig, wie man, sagen wir mal, nach Karlsruhe fahren würde.

(Fährt man denn überhaupt nach Leipzig? Oder straft man nicht besser mit seinem Fernbleiben den Gastgeber ab? Und damit die eigene Mannschaft? Um was genau zu erreichen? Um dem Brausekonzern nicht sein Eintrittsgeld in den Rachen zu werfen? Um „ein Zeichen“ zu setzen? Gegen die Kommerzialisierung des Fußballs? Gegen den Kapitalismus?)

Man fährt nach Leipzig, und all diese Fragen fahren mit. Man fährt trotzdem.

Ich halte diesen Verein nicht für einen Verein, ich finde nicht, dass eine große Stadt automatisch auch Anspruch auf einen großen Fußballklub hat, ich würde mir einen Fußball ohne Zig-Millionen-Transfers wünschen, ohne Investoren, ohne Märkte, die „zu erschließen“ sind, ich halte diese Entwicklung für gefährlich, ich halte sie für ekelerregend, ich halte sie für nicht aufzuhalten.

Ich hätte gerne leerere Stadien, in denen dafür nur „richtige“ Fans stehen. Aber bitte die richtigen richtigen Fans, also am besten nur so Leute wie ich. Und bitte schon überdacht, man weiß ja nie. Und bitte nur spielbezogenen und keinen Dauersupport, bitte keine aufs Maul, bitte Vollbier im Stadion, bitte keine diskriminierenden Gesänge, Banner, Doppelhalter, bitte ausflippen, bitte keine Bierduschen, denn ich hab abends noch eine Verabredung, bitte mitmachen, aber nicht alles, bitte Action, zumindest ein bisschen, bitte Pyro, bitte keine Bullen, bitte Sicherheit, bitte moderate Eintrittspreise, bitte einen Shuttle, so dass ich es noch rechtzeitig zum Bahnhof schaffe, bitte frei bewegen können, bitte kein Bezahlfernsehen, bitte, wo kann ich mir in München nächsten Sonntag das Spiel zwischen dem FSV Frankfurt und dem FC St. Pauli auf Leinwand in HD anschauen?

Ach scheiße.

Jetzt haben wir zum zweiten Man in Folge auswärts drei Punkte geholt, eine überragende Defensivleistung der ganzen Mannschaft war’s. Das ist ganz und gar wunderbar, und im Stadion, direkt nach dem Schlusspfiff, habe ich gemerkt, wie wichtig es mir war, gerade hier zu gewinnen, dass dieser Sieg gegen diese aufgepäppelte Millionentruppe aus Fuschl am See noch einiges mehr an Emotionen auslöst und um einiges süßer schmeckt als ein Erfolg in, sagen wir mal, Karlsruhe.

Warum? Weil halt.

 

Stadion im Stadion_klein

Panorama

 

Aber hier leben, nein danke
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