Man sagt über die Briten ja, dass sie höflich sind. Ich glaube, das stimmt; vielleicht sind sie sogar zu höflich. Zum Beispiel ist es so, dass sie sich ständig für alles mögliche entschuldigen. I’m sorry heisst es dann immer, wenn man irgendwo im Weg steht, irgendwo durch will, oder man die Toilette besetz hat. Ein Freund von mir, aus Nordengland, hat einmal gesagt, es ist eigentlich sinnlos zu versuchen, mit einem Briten ein Gespräch zu führen, weil die das Gespräch ja ständig unterbrechen und sich bei jemand anders für irgendwas entschuldigen. Oft sagt man auch, dass sie Dinge sehr umständlich ausdrücken. Das klingt dann zwar höflich, manchmal mag ich es aber lieber, wenn man einfach direkt sagt, was man will. Auf einem Parkplatz hier in der Nähe steht zum Beispiel ein Schild, welches die Autofahrer bittet, rückwärts einzuparken. Es heisst: “reverse parking preferred”.  Ich weiss dann immer nicht, was ich machen soll. Ist vorwärts einparken jetzt in Ordnung oder nicht? Will man zum Beispiel eine Karte für ein beliebtes Konzert kaufen, heisst es oft: “Early booking recommended to avoid disappointment.” Zur Vermeidung von Enttäuschungen soll man also rechtzeitig buchen. Ich denke mir dann, schön, aber kann man nicht einfach sagen “frühzeitiges Buchen empfohlen”? 

Wie auch immer, ich verwende, um Enttäuschungen zu vermeiden, seit einiger Zeit einen anderen Trick: ich senke meine Erwartungen. “To avoid disappointment, lower your expectations”. Das klappt normalerweise ganz gut. Ich hatte hier ja vor einiger Zeit einmal geschrieben, dass ich die Qualifikation zur Europa League ja sehr mag. Es gab das Spiel gegen Rovaniemi RoPS; da war ich im Stadion. Dann gab es eine Runde später das Spiel gegen Chikhura Sachkere, da konnte ich leider nicht hingehen. Dann stand das Spiel gegen HNK Rijeka an. Hinspiel in Kroatien, Rückspiel hier. Eigentlich schön. Da das Hinspiel aber 2:0 für Rijeka ausging, kommt die Sache mit der Erwartungssteuerung ins Spiel. Einerseits habe ich mich sehr gefreut, wieder ins Stadion gehen zu können. War ein schöner Abend im August. Anderseits ist ein 0:2 auswärts in dieser Art von Spielen ja nicht besonders gut, daher war ich ein wenig vorsichtig. Viele Leute im Stadion waren das nicht, glaube ich, die waren optimistisch; die Stimmung war gut. Vielleicht lag es daran, dass HNK Rijeka vor 2 oder 3 Jahren schon einmal der Gegner war und man damals weiterkam. Angenehm war dieser also Optimismus schon, das bittere Ende kam aber schnell. 10. Minute, Ecke für Aberdeen, Konter, Tor. 19.Minute (oder so), gelb-rote Karte Aberdeen. 30. Minute (oder so), Freistoß Aberdeen, Konter, Tor. 0:2, 10 gegen 11, noch eine Stunde zu spielen. Die Leute fingen an, nach Hause zu gehen, Viele Leute. Ich saß aber einfach so da. Gehört sich nicht, nach Hause gehen, ist doch Fussball. Ich blieb dann bis zum Ende, viele andere waren nicht mehr da. Wirklich unterstützt habe ich die Mannschaft aber nicht, ich saß einfach so da. War auch wirklich ein unglaublich schlechtes Spiel; die eine Mannschaft konnte nicht und die andere Mannschaft brauchte nicht spielen. Wie gesagt, zum Glück waren meine Erwartungen nicht zu hoch. Immerhin gibt es noch ein lustiges Photo mit einer Möwe.

Über Erwartungs- und Enttäuschungssteuerung
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