Aus der Serie: Der Titan berichtet… und
taucht noch tiefer ein in den Fußball-Pool Buenos Aires

 

Boca Juniors vs San Lorenzo

Wer möchte nicht einmal dabei sein in der größten Pralinenschachtel der Welt, der Bonbonera, dem Stadion von Boca Juniors? Wer möchte schon gerne nachts alleine durch dieses Viertel gehen, das von Reiseveranstaltern und einigen Blogschreibern als megagefährlich beschrieben wird?

Aus dem Wunsch und der Panik einiger Touristen macht, wie im ersten Teil erwähnt, eine windige amerikanische Agentur ein Riesengeschäft. Arschlecken… (Hatten wir schon).

Also mal selbst ein Bild von der „Bronx“ von BA machen. So schlenderten wir am Faschingsdienstag durch das Viertel, in dem mittendrin La Bonbonera liegt, und stärkten uns mit einem Bier und der Wurst bei Adrian, mit dem wir – unserer neu erworbenen Sprachkenntnisse sei Dank – ins Gespräch kamen. Sein Laden liegt nur einen Steinwurf von Stadion entfernt. Und dann kam sie, die Frage: „Interessiert ihr euch für Fußball“? Was für eine geile Frage, die uns das Tor zum „Fußballtempel“ öffnete. Kurzum, Adrian organisierte für das Spiel am Samstag zwei Karten für je 55€ und brachte uns und noch zwei Fans aus Spanien und Costa Rica am Spieltag zum Einlass. (Er scheint so was wie „el jefe de la calle“ zu sein, denn etliche Polizisten saßen vor Dienstbeginn noch in seinem Laden, wo er Bier ausschenkte, obwohl sonst 500 Meter um das Stadion kein Alkohol verkauft werden darf).

Egal, wir waren drin, besser gesagt oben im dritten Rang mit Panoramablick auf Stadt, Viertel und Spielfeld. Und es war ausverkauft wie alle Bocaspiele. Die Ultras unter uns machten Stimmung, genau wie der ganze Bock gegenüber. Stimmt dann das ganze Stadion mit ein und hüpft dazu, dass der Rang schwingt, dann bist du wie auf einer tosenden Welle. Und je emotionaler das Geschehen auf dem Rasen war, desto lauter und ungestümer sang und tobte das Volk. Ein Schalk, der dahinter eine große Inszenierung vermutet.

Boca legte los wie die Feuerwehr und der Tabellenletzte San Lorenzo wurde anfangs fast überrollt von den Angriffswellen. Das 1:0 zur Pause war zu wenig, und als sich San Lorenzo, gänzlich ohne Unterstützung eigener Fans, von selbst freischwimmen konnte, wurde die Menge wieder lauter und blies Boca förmlich nach vorne. Das 3:0-Endergebnis war standesgemäß, und laut singend verließen die Sympathisanten durch die Treppenabgänge den Fußballtempel und wir, mit der Masse hinausschwimmend, das sooo gefährliche Viertel.

San Lorenzo vs Junior

Gibt es noch eine Steigerung? Am Mittwoch war wieder Copa und der Bus brachte mich von unserer Haustür bis direkt vors Stadion. Wohlgemerkt der ganz normale Stadtbus, Linie 150. Dahin, in das Viertel Bodeo, wo San Lorenzo (Copa-Sieger 2014) seine Heimspiele im Estadio Pedro Bidegain austrägt, sollte man ja laut 11Freunde besser nicht gehen.

Naja, Fußballfans schauen anders aus als Opernbesucher, aber sie verbreiten keine Angst. Diesmal pünktlich vor 18:00 Uhr am Kartenhäuschen für 850 Pesos ein Ticket gelöst und hoch auf die tribuna popular, um den Blick auf die Hochhäuser durch die offenen Seiten neben der Haupttribüne (mit Dach!) zu genießen und um wieder mit dem unermüdlichen Gesang und Rhythmus der Fans mitzuschwingen. Das Spiel erreichte nicht das Niveau der Vorwoche, doch San Lorenzo besiegte durch einen wunderbaren Treffer, der die Emotionen noch einmal hochkochen ließ, Atlético Junior aus Kolumbien mit 1:0.

       

Atlanta vs Barracas Central

Unser vorläufig letzter Tauchgang führte uns wieder nach unten in die Prim B Metro, in den Stadtteil Villa Crespo, wo Atlanta den Tabellenführer Barracas (diesmal leider ohne Support) im Estadio Don Leon Kobolski empfing. Ganz einfach mit der Metro zu erreichen und in einer engen Seitenstraße (Humbold) gelegen; nebenan das gemütliche Vereinsheim, das auch Treffpunkt des Viertels ist. Das Blau-Gelb der Heimischen erinnert an Viktoria Hamburg.

Dies der äußere Rahmen, zu dem natürlich auch wieder die Gesänge der auf den Wellenbrechern stehenden Fans gehörten. Das Spiel selbst entwickelte sich zum spannendsten und besten, das wir sahen, und endete nach zwei furiosen Halbzeiten mit sehr unterschiedlichen Spielanteilen gerecht 1:1…

         

      

…und die Seele des argentinischen Fans war (fast) zufrieden!

Aber etwas fehlte noch in dieser Stadt, da war doch noch was?

Und es gibt es wirklich und jetzt soll es verfilmt werden: Das Estadio Diego Armando Maradona, im Bario Paternal, wo Argentinos Juniors seine Heimspiele austrägt. Zufällig waren die Tore geöffnet und wir konnten das Stadion, das ringsherum bemalt ist, von innen betrachten. Die Zäune werden gerade abmontiert, weil der Zustand wiederhergestellt werden soll, als „La mano del dios“ seine Karriere dort begann.

      

Ein wunderbarer Abschluss unserer Reise durch die unglaubliche, eintauchenswerte Stadionwelt von Buenos Aires!

 

 

Fußball aus der Tiefe des Volkes (2)
Markiert in:                                                             

Ein Gedanke zu „Fußball aus der Tiefe des Volkes (2)

  • unfaßbar geil!!!!!
    Ein bißchen durfte ich in den Traum eintauchen, den ich noch immer selbst träume….;-)
    muchas gracias!!!!!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.