Ich komme ja aus Ostwestfalen und obwohl ich daherkomme (oder da weg komme wie man da sagt), bin ich nie Anhänger des DSC Arminia Bielefeld gewesen. Die Gründe dafür sind relativ einfach. Zum einen gab es einen starken Einfluss meines Vaters. Er hat diesen Verein nie gemocht; das hatte etwas mit diesem Bundesligaskandal zu tun, an dem die Arminia ja mal beteiligt war. Vermutlich war das nicht im Einklang mit dem Gerechtigkeitsempfinden meines Vaters. Es hat aber auch eine Rolle gespielt, dass mein Vater, leidenschaftlicher Tototipper, durch diesen Skandal Geld nicht gewonnen hat, was er sonst gewonnen hätte, oder so. Ganz genau kann ich mich an diese Geschichten nicht erinnern, war ja ohnehin vor meiner Zeit. Während meiner Zeit und insbesondere zu der Zeit, wo man anfängt sich richtig für Fussball zu interessieren, wirkten auf der Alm (ich weiss nicht, ob ich mal wusste, warum die Alm Alm heisst.) Ernst Middendorp und Rüdiger Lamm und die haben es einem leicht gemacht, den Verein nicht zu mögen und auch die Fans hatten keinen guten Ruf. Ja, und schliesslich war es auch so, dass die meisten meiner Freunde irgendwie für die Arminia waren und da fand ich es, gemeinsam mit einem anderen Freund, einfach unterhaltsamer, dagegen zu sein.

Es gibt ja ohnehin alle möglichen Wege auf denen man zu seinem Verein kommt. Ein anderer Freund hat mir mal seine Geschichte erzählt. Dieser Freund hat einen älteren Bruder und dieser ältere Bruder hat sich irgendwann entschieden, Fan des FC Bayern zu werden; möglicherweise in einer dieser Phasen, wo der FC Bayern erfolgreich war. Da hat sich mein Freund gedacht, der FC Bayern ist super, ich werde auch Fan. Er war da 10 Jahre alt oder so und sein Bruder war 12. Der Bruder fand das gar nicht gut und hat sich bei seinem Vater beschwert und gesagt, dass sein Bruder ihm alles nachmacht. Der Vater, weise wie er ist, hat dann meinem Freund vorgeschlagen, doch einfach Fan des Vereins zu werden, den er selber mag, und das ist Borussia Mönchengladbach. Seither ist dieser Freund nun ein Borusse und nicht immer war das einfach.

Jetzt lebe ich ja in Schottland, in Aberdeen, und hier gehe ich ja ab und an mal zum Fussball, Pittodrie heisst das Stadion. Angefangen habe ich damit einfach, weil das hier nunmal der lokale Verein ist; ich fand über die letzen Jahre aber auch gut, was die hier gemacht haben. Der aktuelle Trainer, Derek McInnes, ist jetzt 6 Jahre hier und hat den Verein aus dem Mittelfeld in die Spitze der schottischen Liga geführt. Einige Zeit sah es so aus, als ob der Verein vielleicht sogar Celtic oder Rangers herausfordern kann, das hat aber nicht geklappt. Das waren Phasen, in denen diese grossen Vereine schlechte Trainer hatten; in solchen Phasen kann man da näher rankommen; jetzt haben die gute Trainer und sind einfach ausser Reichweite. Da sich aber der schottische Fussball so sehr auf Old Firm fokussiert, also diese beiden Teams aus Glasgow, finde ich es eigentlich ganz angenehm, einen anderen Verein interessant zu finden.

Viel über Fussball in Schottland kann man lernen, wenn man nutmeg liest, das ist, nach Eigenzuschreibung, “the Scottish football periodical”. Da stehen viele solche Gesichten darüber drin, wie manche Leute zu ihren Vereinen gekommen sind. in einem Artikel, den ich vor ein paar Wochen gelesen habe, schrieb der Autor detailliert darüber, welche Bedeutung Fussball für das Verhältnis zwischen ihm und seinem vor kurzem verstorbenen Vater hatte. Eine sehr grosse Bedeutung. Er schrieb dann auch, dass er kurz nach dem Tod seines Vaters einen ähnlichen Artikel für eine schottische Tageszeitung geschrieben hatte und dieser, verbreitet über soziale Medien, eine unglaubliche Resonanz erfahren hatte. Zahllose Menschen nicht nur aus Schottland, sondern auch aus dem Rest des Vereinigten Königreichs haben sich gemeldet und ihre Geschichten erzählt. Einige klangen sehr schön. Bei einigen wurde ich aber auch nachdenklich. Was bedeutet es, wenn jemand sagt, das der Höhepunkt des familiären Zusammenlebens der Pokalsieg 1987 war? Was bedeutet es, wenn jemand sagt, dass er mit seiner Familie im Prinzip nur über Fussball reden konnte? Der Autor selbst sagt dann noch, dass er sich nicht erinnern kann, mit seinem Vater jemals ein Gespräch über etwas wirklich wichtiges – Politik oder Religion zum Beispiel – geführt zu haben. Vielleicht war das so, weil seinen Vater all das wirklich nicht interessiert hat, vielleicht etwas anderes. Während ich diesen Beitrag hier schreibe, habe ich meiner Frau aus besagtem Artikel in nutmeg vorgelesen. Sie hat angefangen zu weinen.

Wie auch immer, mein Verein ist ja der FC St.Pauli und vor einigen Wochen haben die ja in Bielefeld gespielt. Ich war im Stadion und kann nur eines sagen: es war super!

Ostwestfalen, Ostwestfalen, hey, hey.
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