Zuendung_2

SV Sandhausen – FC St. Pauli 0:0
Sandhausen, Hardtwaldstadion, 7. Februar 2015
Zuschauer: 7.364

Dieser Text handelt von Ante Budimir, der, wenn über ihn geschrieben wird, grundsätzlich mit dem Attribut „zweitteuerster Einkauf der Vereinsgeschichte“ ausgestattet wird. Jedoch tut er nicht das, wofür er verpflichtet wurde: Tore schießen. Sein einziger Pflichtspieltreffer für den FC St. Pauli gelang ihm am 16. August 2014 um ca. 16 Uhr, als er im Pokal, bei Fünftligist Optik Rathenow, zum 2:0 einnetzte. Heute, im ersten Spiel des Jahres 2015, vergab er in der Anfangsphase auf – man muss es so sagen – klägliche Art und Weise die größte Chance des Spiels, als er alleine auf den Sandhäuser Torhüter zulief, aber nicht mehr als einen Kullerball zustande brachte, der sein Ziel auch noch deutlich verfehlte. Unwillkürlich kommen Gedanken hoch an ähnliche Situationen in der Hinrunde, bei denen Budimir im Abschluss (vermeintlich?) etwas unglücklich ausgesehen hat. Da mag die eigene Erinnerung sehr ungerecht, weil selektiv, sein, aber: Wie war das beispielsweise in Nürnberg oder Aalen?

Dieser Text handelt aber auch davon, wie man als Fan mit einer solchen, möglicherweise auch wiederholten, Fehlleistung umgeht. Man könnte Budimir auspfeifen, ihn ständig bekritteln, man könnte spöttisch sein, resigniert abwinken, ihn als Fehleinkauf abstempeln und gar dahin zurückwünschen, wo er hergekommen ist.
Man kann aber auch weiterhin an ihn glauben. Es ist ja nicht so, dass er schlecht spielen würde. Er hat eine starke Ballannahme, kann sich auf engem Raum gut behaupten, macht viele Bälle fest, auch die hohen – an dieser Stelle herzlichen Dank an meinen Nebensteher für das Zitat des Tages, wenn nicht Jahrzehnts: „Mit der Brust ist er Weltklasse!“ –, und leitet sie in der Regel klug weiter. Außerdem spielt er mannschaftsdienlich, läuft viel und wirkt hochengagiert. Er trifft halt nur das verdammte Tor nicht.

Ich habe den Eindruck, die meisten Fans des FC Sankt Pauli neigen immer noch dazu, die Hoffnung auf Budimir nicht aufzugeben. Na ja, zumindest die Leute, mit denen ich unterwegs bin, und die Leute, mit denen ich mich Minuten, Stunden und Tage später über das Spiel unterhalte – und glücklicherweise auch diejenigen, die ich nicht kenne, die aber in Sandhausen im gleichen Block wie ich standen. Budimir wurde hier nicht angefeindet, sondern ermutigt, nicht beschimpft, sondern bestärkt. Bei seiner Auswechslung gab es aufmunternden Applaus. Diejenigen, die meinen, Druck oder Angst würden einem Spieler zu besseren Leistungen verhelfen (übrigens: sie irren!), waren augenscheinlich woanders oder vielleicht auch gar nicht da.

Nach Abpfiff stand Budimir länger als alle anderen Spieler am Zaun und diskutierte mit den Leuten unten im unserem Block. Minuten später, schon auf dem Weg in die Kabine, machte er nochmals kehrt und schenkte sein Trikot einem der Fans, mit denen er vorher gesprochen hatte. Eine schöne Geste war das, vielleicht auch ein Zeichen seiner Dankbarkeit dafür, dass er immer noch Kredit hat bei den Leuten – Ante Budimir, 900.000 Euro teuer, der Ugur Inceman der 2010er Jahre, der Mittelstürmer mit den weichen Knien und den null Ligatoren…

Der Mann, bei dem der Knoten schon im nächsten Spiel platzen wird. Stopostotno!

Dann wird die Sonne wieder scheinen fuer Ante

 

 

Brust: Weltklasse
Markiert in:     

4 Gedanken zu „Brust: Weltklasse

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.